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Absichtliche Falschangabe in Unfallmeldung (8C_392/2017, zur Publikation bestimmt)

Absichtliche Falschangabe in Unfallmeldung (8C_392/2017, zur Publikation bestimmt)

Rechtsprechung
Unfallversicherung

Absichtliche Falschangabe in Unfallmeldung (8C_392/2017, zur Publikation bestimmt)

In diesem zur Publikation bestimmten Entscheid aus dem Kanton Tessin befasste sich das Bundesgericht mit den Folgen einer falschen Unfallmeldung (Art. 46 UVG). Es ging um einen Versicherten, dem nur "auf dem Papier" bzw. zum Schein ein Lohn ausgerichtet wurde. Die angebliche Stellung des Versicherten als "künstlerischer Direktor" war fiktiv (E. 5.2). Während der Sachverhalt im Einzelnen strittig blieb, war jedenfalls erstellt, dass der im Arbeitsvertrag bezeichnete Lohn nicht im "vereinbarten" Umfang bezahlt wurde (E. 5.3).

Das Bundesgericht verweist auf Art. 46 Abs. 2 UVG, gemäss welchem der Versicherer u.a. die Leistung verweigern kann, wenn ihm absichtlich eine falsche Unfallmeldung erstattet worden ist. Es handelt sich um eine Sanktion, die über die Rückforderung der Leistung hinausgeht. Jede falsche Information in der Unfallmeldung ist erfasst, soweit sie im konkreten Fall dazu führt, dass eine höhere Versicherungsleistung als die geschuldete zugesprochen wird. Das Bundesgericht weist namentlich auf das BGer-Urteil 8C_68/2017 vom 4. September 2017 hin. Den kantonalen Behörden kommt ein weiter Ermessensspielraum zu, wobei für jede Leistung gesondert zu prüfen ist, ob die Kürzung oder Rückforderung der Leistung statthaft ist (zum Ganzen E. 6.2). Die Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt (E. 6.4). Die Frage konnte losgelöst von einer strafrechtlichen Beurteilung beantwortet werden, da Art. 46 Abs. 2 UVG keine strafrechtliche Verurteilung, namentlich aufgrund Betrugs (Art. 146 StGB), voraussetzt. Weiter braucht bei Art. 46 Abs. 2 UVG keine Arglist vorzuliegen (E. 7.3).

Während die Vorinstanz diese Grundsätze korrekt angewandt hatte, griff das Bundesgericht bei der Bemessung der Rückforderung korrigierend ein (E. 8). Neben einer IV-Leistung, die dem Versicherer ausbezahlt wurde und zu berücksichtigen war (E. 8.2), waren insbesondere die Kosten der Heilbehandlung nicht zurückzuerstatten. Der Unfall hatte sich tatsächlich ereignet und war nicht vorsätzlich provoziert. Subsidiär würde sowieso die Krankenversicherung einspringen, weshalb hier nicht der Versicherte, sondern eine andere Versicherung sanktioniert würde – was nicht dem Zweck von Art. 46 Abs. 2 UVG entspricht (zum Ganzen E. 8.3). Das Bundesgericht liess offen, ob Sachleistungen (Heilungskosten) überhaupt zurückgefordert werden können. Im konkreten Fall war dies jedenfalls unverhältnismässig (E. 8.3).

iusNet AR-SVR 24.11.2017