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Depressionspraxis und Indikatorenkatalog (9C_596/2016)

Depressionspraxis und Indikatorenkatalog (9C_596/2016)

Rechtsprechung
Invalidenversicherung

Depressionspraxis und Indikatorenkatalog (9C_596/2016)

In diesem in 5-er Besetzung ergangenen Entscheid äussert sich das Bundesgericht zur Auswirkung der umstrittenen Depressionspraxis auf den Indikatorenkatalog von BGE 141 V 281:

Bei einer versicherten Person, die neben einer somatoformen Schmerzstörung an einer «atypische Depression, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode (F32.8/33.8)» leidet, darf die atypische Depression bei der Prüfung der tatsächlich erreichbaren Leistungsfähigkeit gemäss Indikatorenkatalog von BGE 141 V 281 nicht ausgeklammert werden.

Eine "Abspaltung" der atypischen Depression vom übrigen Krankheitsbild widerspräche dem Ziel des Indikatorenkatalogs, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) anderseits zu beurteilen. Einem depressiven Geschehen darf daher nicht von vornherein jede invalidenversicherungsrechtliche Relevanz abgesprochen werden. Zu berücksichtigen ist das depressive Geschehen namentlich beim Indikator der psychischen Komorbidität (bei der Gesamtbetrachtung der Wechselwirkungen der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zur atypischen Depression) und im Rahmen der Persönlichkeitsdiagnostik (allfälliger Einfluss auf die Ressourcen der Beschwerdeführerin) (zum Ganzen: E. 5.1).

Die abweichende Auffassung des Zürcher Sozialversicherungsgerichts wird nicht geschützt. Die Vorinstanz sprach dem psychischen Leiden aufgrund der Depressionspraxis die "invalidenversicherungsrechtliche Relevanz" ab (E. 5.4 und E. 6.3.3 des vorinstanzlichen Entscheids).

Bemerkungen der Redaktion: Am gleichen Tag hat das Bundesgericht ein in 3-er Besetzung gefälltes Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung veröffentlicht, in welchem an der umstrittenen Depressionspraxis festgehalten und ein abweichender Entscheid des St. Galler Versicherungsgerichts aufgehoben wird.

iusNet AR-SVR 12.10.2017