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AHV-Beitragsstatut von Agenten (9C_250/2017)

AHV-Beitragsstatut von Agenten (9C_250/2017)

Rechtsprechung
Alters- und Hinterlassenenversicherung

AHV-Beitragsstatut von Agenten (9C_250/2017)

Die im Bereich Handel und Dienstleistungen tätige A. Suisse GmbH richtete Provisionszahlungen an rund 350 Mitglieder der von ihr betriebenen Einkaufsgemeinschaft aus, wobei die Zahlungen nicht allesamt mit der AHV-Ausgleichskasse abgerechnet wurden. Die AHV-Ausgleichskasse stellte fest, dass die Zahlungen an die Mitglieder der Einkaufsgemeinschaft der AHV-Beitragspflicht unterworfen seien: Die im Empfehlungsmarketing tätigen Personen («Marketer») gälten als Unselbständigerwerbende.

Das Bundesgericht bejahte vorab die Zulässigkeit einer Feststellungsverfügung betreffend Beitragsstatut im konkreten Fall (E. 1.2). Allgemein gilt, dass Feststellungsverfügungen über das AHV-Beitragsstatut namentlich bei komplizierten Verhältnissen zulässig sind, wobei u.a. die grosse Zahl von betroffenen Versicherten und der Umstand, dass die Rechtsfrage nach dem Beitragsstatut wegen besonderer Verhältnisse neuartig ist, berücksichtigt werden (E. 1.2.1).

Umstritten war zunächst, ob die A. Suisse GmbH auch insofern als beitragspflichtige Arbeitgeberin infrage kommen konnte, als die Marketer einzig mit der ausländischen A. Management GmbH in einem Vertragsverhältnis standen. Das Bundesgericht bejahte dies unter der Voraussetzung, dass die A. Suisse GmbH eine Betriebsstätte (eines ausländischen Arbeitgebers) im Sinne von Art. 12 Abs. 2 AHVG war (E. 1.3.2).

Weiter stellte das Bundesgericht klar, dass massgebender Lohn nur an unselbständigerwerbende natürliche Personen, nicht aber an juristische Personen ausgerichtet werden kann (E. 2.2). Zahlungen an juristische Personen stellen kein beitragspflichtiges Einkommen dar (E. 2.2). Als Unselbständigerwerbende gelten gemäss Gerichts- und Verwaltungspraxis namentlich Agenten, d.h. natürliche Personen, die gegen Entgelt im Namen und auf Rechnung eines andern ausserhalb von dessen Geschäftsräumen mit Dritten Verträge abschliessen oder den Abschluss vermitteln (Reisevertreter, Handelsreisende usw.; E. 2.3). Selbständigkeit setzt bei diesen Versicherten eine eigene Verkaufsorganisation voraus: Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die Agenten kumulativ eigene Geschäftsräumlichkeiten benutzen, eigenes Personal beschäftigen und die Geschäftskosten im Wesentlichen selbst tragen (E. 2.3).

Schliesslich prüfte das Bundesgericht detailliert die konkreten Umstände und schützte die vorinstanzliche Qualifikation der Marketer als Unselbständigerwerbende. Für die unselbständige Erwerbstätigkeit sprachen namentlich

  • die zahlreichen Pflichten der Marketer in Bezug auf ihre vertriebliche Tätigkeit bzw. die strikt reglementierte Einbindung in das Vertriebssystem der Einkaufsgemeinschaft (E. 5.4 und E. 5.4.1);
  • gegenseitige Kontroll- und Überwachungspflichten der Marketer (E. 5.4.3);
  • weitere Indizien wie insb., dass die tatsächliche Anstellung von Personal durch die Marketer nicht erstellt war (E. 5.4.3).

Diese Elemente überwogen die Indizien für eine selbständige Erwerbstätigkeit (dazu E. 5.3).

iusNet AR-SVR 10.11.2017