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Teilliquidation einer Gemeinschaftseinrichtung

Teilliquidation einer Gemeinschaftseinrichtung

Rechtsprechung
Berufliche Vorsorge

Teilliquidation einer Gemeinschaftseinrichtung

9C_104/2018 (zur Publikation vorgesehen)

In diesem zur Publikation vorgesehenen Urteil des Bundesgerichts waren bei einer Teilliquidation einer überobligatorisch tätigen Gemeinschaftseinrichtung verschiedene Punkte zum Kreis der in die Teilliquidation einzubeziehenden Unternehmen und zu diversen Rückstellungen strittig.

Die Gemeinschaftseinrichtung bezweckte die Fürsorge für Angestellte in leitender Stellung der C. AG und ihrer schweizerischen Tochtergesellschaften sowie für deren Angehörige und Hinterbliebenen. Wegen unternehmerseitig erfolgter Devestition in der Schweiz löste die Gemeinschaftseinrichtung mehrere Anschlussvereinbarungen per 31. Dezember 2011 auf.  

  1. Strittig war zunächst, ob auch Kleinstanschlüsse in das Teilliquidationsverfahren einzubeziehen oder als Einzelaustritte zu behandeln waren (E. 4). In Präzisierung von Art. 53b Abs. 1 lit. c BVG (zur Zulässigkeit vgl. BGE 143 V 200) sah das Reglement der Gemeinschaftseinrichtung vor, dass die Voraussetzungen für eine Teilliquidation bei Auflösung eines Anschlussvertrages erfüllt sind, sofern dadurch mind. 2% der Versicherten aus der Vorsorgeeinrichtung ausscheiden (E. 4.1). Sofern diese Austrittsschwelle (mind. 2%) erfüllt ist und eine Teilliquidation durchgeführt wird, sind auch Kleinstanschlüsse zu erfassen, selbst wenn sie – bei isolierter Betrachtung – die 2%-Schwelle nicht erreichen (E. 4.2). Sie als Einzelaustritte zu behandeln, würde unter den gegebenen Umständen gegen das Gleichbehandlungsgebot verstossen (Art. 53d Abs. 1 BVG) (E. 4.2 mit näheren Ausführungen zu den Umständen).
  2. Strittig war weiter, welches Rückstellungsreglement anzuwenden war (E. 5). Das Bundesgericht hielt zunächst fest, dass letztlich die sachliche Begründetheit von Rückstellungen ausschlaggebend sei (E. 5.2): Der effektive finanzielle Bedarf für die Abdeckung der versicherungstechnischen Risiken im Moment der Teilliquidation vermag – in Abweichung vom Stetigkeitsprinzip – eine neue Rückstellung ohne rechtskonforme Reglementsgrundlage zu rechtfertigen, soweit sich die Notwendigkeit aus Gründen der Teilliquidation ergibt (E. 5.2). Weitere bejahte das Bundesgericht grundsätzlich eine reglementarische Grundlage für die umstrittenen Positionen «BVG 2010 Generationentafeln» (E. 5.3.1) und «technischer Zinssatz» (E. 5.3.2).
  3. Zu klären waren weiter – mit Blick auf die Rentner – die Höhe der Rückstellung technischer Zinssatz (E. 7) sowie Bestand und Höhe der Schwankungsreserve Rentnerbestand (E. 8). Die Rückstellung technischer Zinssatz ergab sich aus der Differenz zwischen dem Vorsorgekapital der Rentner berechnet mit dem technischen Zinssatz von 3,5 % und demjenigen berechnet mit einem technischen Zinssatz in der Höhe der Rendite der 10-jährigen Bundesobligationen am Bilanzstichtag (E. 7.1.2). Das Bundesgericht schützte diese Bemessung (E. 7.5), zumal der technische Zinssatz mit einer angemessenen Marge unterhalb der erwarteten Rendite festzulegen ist (E. 7.3.1 mit Hinweis auf die FRP 4) und die Gemeinschaftseinrichtung durch die Teilliquidation zu einer die Fortführung prägenden Rentnerkasse mutierte (E. 7.3.2 i.V.m. E. 7.2.1). Verpönt ist weiter eine rückwärtsgewandte (retrospektive) Einschätzung; entscheidend sind allein die Verhältnisse, wie sie sich am Bilanzstichtag (aktuell und wahrscheinlich) präsentieren (E. 7.4.2; zur Rolle des Experten siehe E. 7.4.3). Dagegen war bei der Schwankungsreserve Rentnerbestand der Rückstellungsbedarf nicht ausgewiesen (E. 8.4.2, zu den Parametern für die Bestimmung der Schwankungsbreite vgl. E. 8.3), weshalb die Reserve aufzulösen war (E. 8.5).  
  4. Zu beurteilen war schliesslich – mit Blick auf die aktiven Versicherten – die Rückstellung «für Versicherungsrisiken», und zwar bezüglich der Verteilung zwischen Abgangs- und Fortbestand wie auch hinsichtlich der Höhe (E. 9). Bei der Rückstellung «für Versicherungsrisiken» handelt es sich um die Sicherung einer möglichen künftigen Entwicklung, die sowohl im Abgangs- als auch Fortbestand eintreten kann, und nicht um diejenige von bereits eingetretenen Risiken (E. 9.3). Diese Rückstellung ist anteilsmässig mitzugeben, zumal die vorfinanzierten Risiken unabhängig vom Willen der Vorsorgeeinrichtung oder des konkreten Arbeitgebers sind (E. 9.3). Auch diesbezüglich ist eine prospektive Betrachtung per Bilanzstichtag vorzunehmen (E. 9.4), wobei es vorliegend an einer transparenten und nachvollziehbaren Berechnung der Rückstellung fehlte (E. 9.4.3).  
iusNet AR-SVR 21.01.2019