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Reorganisation bei der Bahn (A-142/2017)

Reorganisation bei der Bahn (A-142/2017)

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Reorganisation bei der Bahn (A-142/2017)

Bei einer grösseren Reorganisation innerhalb der SBB stand die Streichung zahlreicher Stellen bevor. Gestützt auf Art. 15 Abs. 1 SBBG (Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 20. März 1998, SR 742.31) und Art. 2 Abs. 1 lit. d BPG ist das BPG auch auf Angestellte der SBB anwendbar. Der gestützt auf Art. 38 Abs. 1 BPG erlassene und im vorliegenden Fall anwendbare GAV SBB 2015 sieht in Art. 162 vor, dass die SBB für Mitarbeitende unter 58 Jahren die Möglichkeit einer Neuorientierung bieten, wenn sie mindestens seit vier Jahren bei der SBB tätig waren und aufgrund eines Reorganisations- und Rationalisierungsprojekts ihre Stelle verlieren. Nach erstmaliger formeller Information im Oktober 2016 hat die SBB die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 2. November 2016 über den Stellenverlust per 28. Februar 2017 informiert. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass sie dem Arbeitsmarktcenter der SBB überwiesen werde, wenn sie in den kommenden sechs Monaten keine zumutbare Stelle gefunden habe. Eine derartige Überweisung stelle keine Zurückstufung dar und führte bisher noch nie zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die SBB. Mit der Mitteilung über den Stellenverlust ging die Aufforderung einher, sich auf eine konkret bezeichnete Stelle zu bewerben. Die Arbeitnehmerin reichte ihre Bewerbung ein.

Sie wies aber einige Tage später schriftlich darauf hin, dass es für sie unzumutbar sei, das Bewerbungsverfahren wie vorgesehen bei ihrem ehemaligen Chef durchzuführen. Dieser hätte in der Vergangenheit die verbalen sexuellen Belästigungen in Form von Scherzen und sexistischen Bemerkungen durch Kollegen ignoriert. Diesbezüglich ist eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen Verletzung von Art. 3-5 GlG hängig (A-7843/2016). Das Gericht lehnt die Vereinigung der beiden Verfahren ab (E. 3.1). Die Arbeitnehmerin wurde aufgrund dieser Umstände jedoch aufgefordert, sich auf eine Stelle bei der SBB in einer anderen Region zu bewerben. Dieser Aufforderung kam sie nicht nach. Am 17. November 2016 wies die Arbeitnehmerin die SBB auf ihre Bewerbung und die Tatsache hin, dass sie anders als ihre bisherigen Kollegen und Kolleginnen nicht eingeladen worden war. Darauf antwortete die Arbeitgeberin am 21. November 2016, dass sie die Meinung der Arbeitnehmerin teile, wonach diese Stelle aufgrund der geltend gemachten Vorfälle für sie nicht geeignet sei. Da die Arbeitnehmerin sich jedoch nicht wie vorgeschlagen bis am 7. November 2016 in den zwei anderen Regionen beworben habe, ginge man davon aus, dass sie auf eine Bewerbung verzichte. Deshalb werde sie nach Ablauf der sechsmonatigen Frist ab 1. Juli 2017 ins Verfahren zur Aufnahme im Arbeitsmarktcenter der SBB versetzt. Bereits im Verfahren A-3985/2016 vom 9. November 2016 hatte das Gericht festgestellt, dass die Arbeitgeberin ihrer Informationspflicht nach Art. 4 Abs. 2 Anhang 8 GAV SBB nachgekommen ist (E. 5.4.2). Das Schreiben vom 18. November 2016 ist im Rahmen dieser Informationspflicht ausgestellt worden und kann nicht als Verfügung i.S.v. Art. 5 VwVG verstanden werden. Das Schreiben vom 21. November 2016 stellte ebenso wenig eine Verfügung dar, zumal es als Konsequenz der bisherigen Schreiben über Verfahren zur Integration ins Arbeitsmarktcenter informierte (E. 5.4.3) Das Schreiben ist auch kein Zwischenentscheid i.S.v. Art. 46 Abs. 1 lit. a oder b VwVG. Da die Arbeitgeberin gestützt auf Art. 5 lit. i Anhang 6 GAV SBB den Arbeitnehmern genügend Zeit für die Bewerbung auf eine neue Arbeitsstelle zu bieten hat, hilft das Argument der Arbeitnehmerin, sie habe anlässlich ihrer Anstellung mit einem 100 Prozent Pensum keine Zeit, sich um eine neue Anstellung zu bemühen, nicht weiter (E. 6.2.2.3). Auch wenn eine künftige Lohneinbusse gestützt auf Art. 5 Anhang 8 GAV SBB nicht ganz ausgeschlossen ist, fehlt ein derartiger Hinweis im genannten Schreiben. Da sich das Schreiben nicht zur allfälligen Anwendbarkeit der Ausnahme einer Lohnreduktion i.S.v. Art. 5 lit. i Anhang 6 GAV SBB äussert, ist insgesamt kein schwer wiedergutzumachender Nachteil feststellbar. Dieser ist bloss hypothetischer Natur (E. 6.2.2.4). Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten (E. 7).

iusNet AR-SVR 25.09.2017