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Mittagessen, Verpflegungsautomaten und mehr – Die Mensa an der Kanti (8C_649/2017)

Mittagessen, Verpflegungsautomaten und mehr – Die Mensa an der Kanti (8C_649/2017)

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Mittagessen, Verpflegungsautomaten und mehr – Die Mensa an der Kanti (8C_649/2017)

Vor Bundesgericht stand in diesem Fall die Frage im Vordergrund, ob gestützt auf die Voraussetzungen des privatrechtlichen Arbeitsvertrages ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorlag.

Der Beschwerdeführer führte gemeinsam mit seiner Ehefrau während 9 Jahren gestützt auf eine als Pachtvertrag bezeichnete Vereinbarung die Mensa der Kantonsschule in St. Gallen. Der Vertrag wurde mit dem Kanton St. Gallen abgeschlossen. Für diese Tätigkeit erhielt das Ehepaar zwischen 2005 und 2014 Betriebsbeiträge von jährlich CHF 32'000.- bis CHF 34'800.-. In einem späteren Zeitpunkt erfolgten gestützt auf eine Vertragsergänzung Finanzhilfen in der Höhe von ca. CHF 15'000 und CHF 26'000 für den Kauf von Verpflegungsautomaten.  Der Beschwerdeführer macht Ansprüche aus diesem Vertrag geltend.

Das PersG (Personalgesetz des Kantons St. Gallen vom 25. Januar 2011 (PersG; GS 143.1)) regelt das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals (Art. 1 PersG). Gemäss Art. 8 PersG sind die Bestimmungen des OR nach Art. 319 ff. anwendbar, soweit das Personalgesetz nicht Abweichendes festhält. Das PersG enthält keine eigene Definition des Dienstverhältnisses, weshalb dafür auf die Definition des Arbeitsvertrages nach Art. 319 OR abzustützen ist (E. 5.2.).

Es werden zunächst die vier wesentlichen Elemente des Arbeitsvertrags aufgezählt: Arbeit gegen Entgelt, Dauerschuldverhältnis, Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation, Unterordnungsverhältnis. Die Subordination des Arbeitnehmers ist grundsätzlich die rechtliche Unterordnung in persönlicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Bei der Einbettung in eine hierarchische Struktur erhält der Arbeitnehmer von bestimmten Vorgesetzten Weisungen. Es ist jedoch zu beachten, dass auch bei anderen Verträgen auf Arbeitsleistung, zum Beispiel beim Auftrag, ein Weisungsrecht besteht. Für die Abgrenzung von anderen Verträgen ist somit das Mass der Weisungsgebundenheit relevant (BGer 4A_504/2015 vom 28. Januar 2016 E. 2.1.1) (E. 5.2).

Zunächst war festzuhalten, dass die via Verweis im PersG übernommenen Normen des OR als subsidiäres Recht des Kantons, und nicht als Bundesprivatrecht zu betrachten sind (BGE 140 I 320 E. 3.3.) Deshalb war die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht zu prüfen (Art. 9 BV) (E. 5.3).

Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich vorliegend entsprechend den Behauptungen des Beschwerdeführers um eine Scheinselbständigkeit gehandelt habe, wurden auch den Ausführungen in der Studie und Beurteilung eines Gastro-Fachmannes Rechnung getragen. Der Entscheidungsspielraum des Beschwerdeführers war durch Weisungen des Kantons eingeschränkt. Deshalb rückte der Vertrag in die Nähe eines Arbeitsverhältnisses. Für einen Pachtvertrag war er untypisch. Für die Qualifikation des Vertrages fiel aber auch stark ins Gewicht, dass die konkrete Ausgestaltung des Angebots und der Wareneinkauf allein dem Beschwerdeführer zustand. Er legte sämtliche Preise, z.B. für Kioskwaren und Menüpreise fest. Der Beschwerdeführer war allein für das Mensapersonal verantwortlich. Auch daraus ergab sich entgegen der Einschätzung des Beschwerdeführers eine grosse wirtschaftliche Freiheit. Hinzu kam, dass er bei der Mensakommission eine Erhöhung des Betriebsbeitrags und der Preise der vergünstigten Menüs verlangen konnte oder die Verlusttragung durch eine rasche Beendigung des Pachtverhältnisses hätte tiefer halten können. Besonders hervorgehoben wurde, dass keine Überwachung von Präsenz- oder Arbeitszeit erfolgte, was für das Arbeitsverhältnis typisch ist. Weder war der Beschwerdeführer direkt einer Person unterstellt noch wurden Leistungen und Verhalten beurteilt. An den Sitzungen der Mensakommission konnte das Ehepaar teilnehmen und ihren Anträge wurde - abgesehen von einem Mal - nicht gefolgt (E. 7.5).  

Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht willkürliche Auslegung des Sachverhalts darzulegen, auch wenn eine andere Auslegung des Vertrags vertretbar erscheinen mag (E. 8.2).

iusNet AR-SVR 21.01.2018