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Zum Vorgehen bei der Sanktionierung von verletzten Schadenminderungspflichten

Zum Vorgehen bei der Sanktionierung von verletzten Schadenminderungspflichten

Rechtsprechung
Invalidenversicherung

Zum Vorgehen bei der Sanktionierung von verletzten Schadenminderungspflichten

8C_865/2017

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall stellte eine versicherte Person aufgrund einer psychischen Störung den Antrag auf eine Invalidenrente. Die IV-Stelle sprach ihr eine ganze Rente zu und hielt fest, dass sie sich einer regelmässigen fachärztlich-psychiatrischen Therapie zu unterziehen habe. Zwei Jahre später forderte sie die versicherte Person auf mitzuteilen, bei welchem Arzt sie die angeordnete Therapie durchführe. Zudem habe sie eine vom Arzt mittels regelmässiger Urinproben zu bestätigende Cannabisabstinenz nachzuweisen. Nachdem der diesbezügliche Bericht eingegangen war, stellte die IV-Stelle den Anspruch auf eine Rente ein, da eine strikte Cannabisabstinenz nicht umgesetzt werde. Das angerufene Gericht hob diese Verfügung auf und stellte fest, dass die versicherte Person Anspruch auf eine halbe Invalidenrente habe. 

Erwägungen:

Das Bundesgericht setzte sich im vorliegenden Urteil mit der Frage auseinander, welche Aspekte bei der Sanktionierung der nichteingehaltenen Cannabisabstinenz berücksichtigt werden müssen. Es hielt in E. 5.2.3 fest, dass es bei der Festlegung einer Sanktion in Anwendung von Art. 21 Abs. 4 ATSG nicht um den Rentenanspruch an sich (und damit nicht um die Bemessung der anspruchsrelevanten Arbeitsunfähigkeit und ihrer erwerblichen Folgen) gehe. Vielmehr müsse die Festlegung der Sanktion aufgrund aller Fallumstände, insbesondere aber nach dem Ausmass des Verschuldens der versicherten Person erfolgen und dem Gebot der Verhältnismässigkeit genügen, was die Relation zur günstigen Wirkung der streitbetroffenen Massnahme betrifft. Mit anderen Worten darf eine Sanktion nicht weitergehen, als wenn die Schadenminderungspflicht befolgt worden wäre. 
Entscheidend bleibt somit erstens das Ausmass des Verschuldens und zweitens die Wirksamkeit der verletzten Auflage. 
Zum konkreten Fall führte das Bundesgericht an, dass eine gänzliche Leistungsverweigerung ein schweres Verschulden voraussetze. Zudem müssen konkreten Auswirkungen des Cannabiskonsums bzw. der Missachtung der diesbezüglichen Auflage auf die im Verfügungszeitpunkt bestehende Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden. Laut Bundesgericht fehlten in der rentenaufhebenden Verfügung und im angefochtenen kantonalen Urteil sowohl zum Verschulden wie auch zum Kausalzusammenhang zwischen dem angeordneten Verhalten und dessen Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit rechtsgenügliche Feststellungen, weshalb das Bundesgericht die Sache an die Vorinstanz zurückwies. 
 

iusNet AR-SVR 24.11.2018