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Weiterversicherung in der bisherigen Pensionskasse

Weiterversicherung in der bisherigen Pensionskasse

Kommentierung
Berufliche Vorsorge

Weiterversicherung in der bisherigen Pensionskasse

Art. 47a E-BVG

Philipp Egli
Michael Guery Schindler

Die berufliche Vorsorge steht immer wieder im Fokus, wenn es um Schwierigkeiten von älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt geht. Als stossend wird vielfach empfunden, dass ältere Arbeitnehmende bei Stellenverlust unter Umständen keine Altersrente aus der 2. Säule mehr beziehen können, sondern einen Kapitalbezug tätigen müssen.

Mit der Revision des Ergänzungsleistungsgesetzes (ELG; SR 831.30) will das Parlament genau in diesem Punkt Abhilfe schaffen, indem eine Regelung betreffend Ausscheiden aus der beruflichen Vorsorge nach Vollendung des 58. Altersjahres aufgenommen werden soll.1 Diese Regelung war bereits Teil der an der Urne verworfenen Altersvorsorge 2020 und soll älteren Arbeitnehmenden bei einer Entlassung die Weiterversicherung in der bisherigen Pensionskasse im bisherigen Umfang ermöglichen – eine Lösung, die bereits das geltende Recht zulässt, allerdings nur wenn die Pensionskasse dies in ihrem Reglement so vorsieht, was selten der Fall ist.

Neu sollen die Pensionskassen diese Weiterversicherungsoption zwingend anbieten müssen, und zwar in der obligatorischen wie auch in der weitergehenden beruflichen Vorsorge. Dies ermöglicht es älteren Arbeitnehmenden, den gesamten Vorsorgeschutz (Alter, Tod, Invalidität) zu erhalten und die Altersvorsorge durch eigene Beiträge weiter aufzubauen, wobei die Arbeitgeberbeiträge entfallen. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, im Pensionierungsalter eine Altersrente zu beziehen. Wer diese neue Option der Weiterversicherung wählt, profitiert insbesondere auch von Zuschüssen durch den früheren Arbeitgeber-Betrieb an die Pensionskasse.

Die neue Regelung würde damit für ältere Arbeitnehmende bei einer Kündigung durch die Arbeitgeberschaft den sozialen Schutz erhöhen. Heute bleibt den entlassenen Arbeitnehmenden häufig keine andere Wahl, als sich für eine Weiterversicherung bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG zu entscheiden – zu relativ unattraktiven Konditionen und ausschliesslich im Bereich der obligatorischen Vorsorge. Und auch diese Option entfällt in der Praxis nicht selten, weil die (gesetzlich nicht klar geregelte) dreimonatige Frist zur Aufnahme bei der Auffangeinrichtung verpasst wird.

Gleichzeitig wirft die neu vorgeschlagene Regelung auch Fragen auf: So greift sie etwa nur, wenn das Arbeitsverhältnis durch die Arbeitgeberschaft aufgelöst wird, die Auflösung also aus Sicht des Arbeitnehmenden unfreiwillig erfolgt. Darunter fallen Arbeitgeberkündigungen, nicht aber Aufhebungsvereinbarungen oder Kündigungen durch die Arbeitskraft. Es bleibt fraglich, ob diese Regelung durchwegs sachgerecht ist; denn die Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmenden entfällt nicht automatisch wegen Aufhebung durch gegenseitige Vereinbarung oder bei eigener Kündigung etwa aufgrund von Mobbing.

Unter dem Gesichtspunkt des Sozialschutzes wäre eine umfassendere Regelung zu begrüssen, die unabhängig von der Art der Vertragsauflösung und nicht erst ab dem 58. Altersjahr greift. Dies gilt besonders, weil die in der Altersvorsorge 2020 vorgesehene zusätzliche Möglichkeit, das Freizügigkeitsguthaben über die Auffangeinrichtung in Rentenform zu beziehen, weggefallen ist. Auch werden mit der neuen Regelung auf Arbeitgeberseite möglicherweise Anreize gesetzt, vermehrt Aufhebungsvereinbarungen abzuschliessen – deren arbeitsrechtliche Zulässigkeit freilich zweifelhaft wäre. 

Verzichtet hat der Gesetzgeber auch auf die in der Altersvorsorge 2020 noch ausdrücklich enthaltene Regelung, dass Beiträge an die berufliche Vorsorge steuerlich abzugsfähig sind. Entsprechend dem Grundsatz, «was vorsorgerechtlich zulässig ist, ist auch steuerrechtlich anzuerkennen»,2 ist die Abzugsfähigkeit grundsätzlich zu bejahen. Allerdings hat die Rechtsprechung die Abzugsfähigkeit dort zeitlich beschränkt, wo durch die Versicherung fiktiver Erwerbseinkommen eine «Steuerumgehung» vermutet wird.3

Ob die Vorlage zur Revision des Ergänzungsleistungsgesetzes angenommen wird, ist zurzeit noch offen. Sollte Vorlage abgelehnt werden, dürfte die Regelung in der anstehenden Revision der 2. Säule erneut aufgegriffen werden. Denn inhaltlich war sie im Parlament weitgehend unbestritten, um älteren Arbeitnehmenden eine Altersrente aus der beruflichen Vorsorge zu sichern und so das Risiko einer Abhängigkeit von Ergänzungsleistungen im Alter zu senken.  

  • 1. Art. 47a und Art. 49 Abs. 2 Ziff. 6a E-BVG.
  • 2. BGer-Urteil 2C_325/2014, 2C_326/2014 vom 29. Januar 2015, E. 3.4
  • 3. Hierzu differenzierend Peter Lang, Altersvorsorge 2020 – Änderungen berufliche Vorsorge, StR 2017, S. 428 ff., 443 ff.
iusNet AR-SVR 21.01.2019