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Befristete Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses (C-46/17)

Befristete Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses (C-46/17)

Rechtsprechung
Privates Individualarbeitsrecht

Befristete Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses (C-46/17)

Der Kläger wurde von der Stadt Bremen als Lehrer angestellt und beantragte kurz vor Erreichung seiner Regelaltersgrenze eine Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus. Mit einer Verlängerung des Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Schuljahres 2014/15 erklärte die Stadt Bremen sich einverstanden. Jedoch lehnte sie den Antrag ab, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des ersten Schulhalbjahres 2015/16 zu verlängern. Der Kläger macht geltend, dass die Befristung der gewährten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses gegen Unionsrecht verstosse.

§ 41 („Altersrente und Kündigungsschutz“) des Sechsten Buchs des deutschen Sozialgesetzbuchs bestimmt in Satz 3, dass die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt hinausschieben können, wenn eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht – dies gegebenenfalls auch mehrfach (Rn. 12). Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob eine solche nationale Regelung mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters (RL 2000/78) und der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (RL 1999/70/EG) vereinbar ist (Rn. 18).

Die Bestimmung § 41 des deutschen Sozialgesetzbuchs stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrags bei Erreichen der Regelaltersgrenze dar. Ein Arbeitnehmer, der die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann demnach – anders als ein jüngerer Arbeitnehmer – zwischen der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses und dem völligen Ausscheiden aus dem Berufsleben wählen (Rn. 29). Der EuGH kommt zum Schluss, dass Personen, die das Rentenalter erreicht haben, gegenüber Personen, die dieses Alter noch nicht erreicht haben, nicht im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der RL 2000/78 durch § 41 des deutschen Sozialgesetzbuchs benachteiligt werden (Rn. 32). Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters (Art. 2 Abs. 2 der RL 2000/78) ist gemäss EuGH dahingehend auszulegen, dass es einer nationalen Bestimmung wie der in Rede stehenden nicht entgegensteht (Rn. 33).

Der Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge (RL 1999/70/EG) erstreckt sich allgemein auf „befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder ‑verhältnis gemäss der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition“ (Rn. 37). Eines der Ziele der Rahmenvereinbarung ist es, den wiederholten Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse einzudämmen, welcher als Quelle potenziellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer gesehen wird (Rn. 40). Im Rahmen dessen sollen gemäss Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung eine Reihe von Mindestschutzbestimmungen vorgesehen werden, welche die Prekarisierung der Lage der Beschäftigten verhindern sollen (Rn. 40). Arbeitnehmer, welche die Regelaltersgrenze erreicht haben, befindet sich regelmässig am Ende ihres Berufslebens  (Rn. 44) und stehen damit im Hinblick auf die Befristung ihres Vertrages nicht vor der Alternative in den Genuss eines unbefristeten Vertrags zu kommen (Rn. 54). Der EuGH kommt zum Schluss, dass die Rahmenvereinbarung (insbesondere Paragraf 5 Nr. 1) dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Bestimmung wie der in Rede stehenden nicht entgegensteht (Rn. 57).

iusNet AR-SVR 11.06.2018