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Personalverleih in der Seniorenbetreuung (B-5959/2016)

Personalverleih in der Seniorenbetreuung (B-5959/2016)

Rechtsprechung
Arbeitsschutzrecht

Personalverleih in der Seniorenbetreuung (B-5959/2016)

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zu prüfen, ob im Geschäftsmodell der Beschwerdeführerin ein bewilligungspflichtiger Personalverleih zu sehen war oder ob es sich dabei um andere Arten von Dienstleistungen handelte.

Die Beschwerdeführerin führte stellensuchende Betreuungspersonen mit einzelnen zu betreuenden Senioren zusammen und initiierte den Vertragsschluss zwischen ihnen. Gemäss Beschwerdeführerin sei die Vermittlungstätigkeit beendet, sobald ein Arbeitsvertrag zwischen der Betreuungsperson und dem zu betreuenden Senior erfolgreich entstanden sei. Einzig während der Probezeit von zwei Wochen sei sie Ansprechperson für die älteren Menschen. Sie informiere zwar die Senioren und Seniorinnen über die geltenden Mindestlöhne, aber die Vertragsparteien legten sämtliche Vertragsbedingungen fest (E. 3.1). Die befristete Anstellung entspreche einem Bedürfnis der Fachkräfte, die zwischenzeitlich zur Erholung ins Heimatland zurückkehrten und durch jeweiligen Einsatz bei einer neuen Person nicht von einer einzigen Person wirtschaftlich abhängig seien. Zudem sei es zu kompliziert, den GAV Personalverleih auf die vorliegenden Fälle anzuwenden.

Die Vertragsbezeichnung ist für die Bestimmung der Bewilligungspflicht unbeachtlich (BGer 2C_356/2012 vom 11. Februar 2013 E. 3.5) (E. 2.1). Für die Abgrenzung zwischen Arbeitsvermittlung und Personalverleih verweist das Gericht auf die Weisungen und Erläuterungen AVG und zählt die fünf Voraussetzungen auf (E. 2.4).

Das Bundesverwaltungsgericht prüft den vorliegenden Fall unter der Prämisse, dass die Bewilligungspflicht für den Personalverleih eingeführt wurde, um der Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei einer Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion Rechnung zu tragen (E. 2.2).

«Das Verleihverhältnis charakterisiert sich durch die Abtretung des wesentlichen Weisungsrechts vom juristischen Arbeitgeber an den faktischen gemäss Art. 12 AVG i.V.m. Art. 26 AVV. Ausschlaggebend ist demnach die Funktion des Einsatzbetriebs und nicht dessen juristische Form (4.3)» Auch private Betreuungs- und Hausdienste können grundsätzlich vom AVG erfasst sein. Weil auch in einem privaten Haushalt ein Arbeitsverhältnis entstehen kann, sind derartige Einsätze unter Art. 12 AVG zu prüfen (4.3).

Insgesamt kommt das Gericht zum Schluss, dass es sich vorliegend um kein klassisches Arbeitsverhältnis zwischen Senior und Pflegeperson handelt. Die Abhängigkeit besteht einerseits zum Pflegebedürftigen, der die wesentlichen Fachanweisungen erteilt. Gleichzeitig delegiert dieser alle anderen Arbeitgeberpflichten an die Beschwerdeführerin, welche rekrutiert, vorbereitete Arbeitsverträge vorlegt und weitere Pflichten wahrnimmt, wie beispielsweise Unterstützung bei der Einreise, bei Ablösung, Abrechnung für Lohn, Sozialversicherung und Quellensteuer. Dass dies mittels zusätzlichem Dienstleistungsvertrag und Vollmacht erfolgt, fiel nicht ins Gewicht (E. 4.5).

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann mit dem vorliegenden Geschäftsmodell die Bewilligungspflicht ständig umgangen werden. Um die tatsächlichen Verhältnisse abzubilden, müsste die Beschwerdeführerin selbst den Arbeitsvertrag mit den Pflegenden abschliessen. Die Beschwerdeführerin wird angehalten, den Betrieb einzustellen (4.5).

iusNet AR-SVR 22.01.2018