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Mobbingvorwürfe und Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei längerdauernder Krankheit (8C_714/2017)

Mobbingvorwürfe und Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei längerdauernder Krankheit (8C_714/2017)

Rechtsprechung
Öffentliches Personalrecht

Mobbingvorwürfe und Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei längerdauernder Krankheit (8C_714/2017)

Das Bundesgericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz und schützte damit eine Kündigung durch das Bundesamt für Polizei (nachfolgend: fedpol) gegen einen länger arbeitsunfähigen Angestellten.

Der Beschwerdeführer arbeitete seit dem Jahr 2002 beim Bundesamt für Polizei. Ab Anfang 2015 war er arbeitsunfähig. Er erhob schriftlich Mobbingvorwürfe gegen seinen Vorgesetzten. Er habe sich bei der Erarbeitung eines Berichts zu stark in seinen Aufgabenbereich eingemischt. Durch sein Verhalten und das einer neuen Mitarbeiterin habe er sich isoliert gefühlt.

Darauf führte das fedpol interne Befragungen mit drei Personen durch und stellte fest, dass kein Mobbing stattgefunden habe. Im Dezember 2016 erliess der Beschwerdegegner zwei Verfügungen. In der einen wurde festgehalten, dass weder der Vorgesetzte noch andere Mitarbeitende den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit verletzt haben. Mittels zweiter Verfügung wurde das Arbeitsverhältnis infolge mangelnder Eignung oder Tauglichkeit auf Ende April 2017 aufgelöst. 

Das Bundesverwaltungsgericht vereinigte die vom Beschwerdeführer getrennt eingereichten Beschwerden und wies die Beschwerde auf Persönlichkeitsverletzung ab. Dazu nimmt das Bundesgericht die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts auf, wonach die vom Beschwerdeführer empfundene Geringschätzung durch seine veränderte Rolle innerhalb des Projekts nicht nachweislich in einem systematischen, feindlichen und länger andauernden Verhalten seines Vorgesetzten und der neuen Mitarbeiterin mit dem Zweck, ihn zu isolieren liege. Das Bundesgericht beurteilt die Frage nicht weiter, da es sich nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt (E. 5.1).

Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses teilweise gut. Es sprach dem Beschwerdeführer aufgrund seines Alters gestützt auf Art. 19 Abs. 3 lit. b BPG eine Entschädigung im Umfang von zwei Monatslöhnen zu. Im Übrigen wurde auch diese Beschwerde abgewiesen.

Dazu führt das Bundesgericht im Wesentlichen aus, dass Art. 31a Abs. 1 BPV in der im Zeitpunkt der streitbetroffenen Kündigung anwendbaren Fassung (AS 2015 2243) es erlaubte, bei Arbeitsverhinderung wegen Krankheit das Arbeitsverhältnis frühestens nach Ablauf der Probezeit auf das Ende einer Frist von zwei Jahren nach Beginn der Arbeitsverhinderung aufzulösen. Der Erlass einer Verfügung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Zweijahresfrist ist zulässig. Sie darf ihre Wirkung jedoch erst per Ablauf von zwei Jahren nach Beginn der Arbeitsverhinderung entfalten. Deshalb war die auf Ende April 2017 erfolgte Auflösung nicht verfrüht, zumal der Beschwerdeführer seit Ende April 2015 durchgehend arbeitsunfähig gewesen war. „Dies gilt erst recht, wenn die Zweijahresfrist ihren Lauf bereits ab dem 7. Januar 2015, dem Beginn der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit genommen hätte und mit der wiedererlangten Arbeitsfähigkeit im April 2015 kurzfristig unterbrochen worden wäre“ (E. 7.2).

Das Bundesgericht weist überdies darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht die Zweijahresfrist nicht hauptsächlich in Bezug auf Art. 31a BPV erwähnte, sondern auf Art. 10 Abs. 3 lit. c BPG. Dafür ist auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts relevant, wonach „eine mangelnde Eignung oder Tauglichkeit im Krankheitsfall im Regelfall“ bei einer Abwesenheit von zwei Jahren anzunehmen ist. Es handelt sich hierbei jedoch um eine starre Frist. Da der Beschwerdeführer seine Ausführungen zur Zweijahresfrist fälschlicherweise auf Art. 31a BPV stützt, geht das Bundesgericht nicht darauf ein, dass Art. 31a BPV keinen Ermessenspielraum offen lässt (E. 7.3).

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 10 Abs. 3 lit. c BPG bzw. zur Anwendbarkeit dieser Bestimmung bei krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsverhinderung, dass im Zeitpunkt der Kündigung nicht von einer baldigen Besserung der gesundheitlichen Verfassung des betroffenen Arbeitnehmers auszugehen ist, ist aus Sicht des Bundesgerichts zutreffend. Im vorliegenden Fall war die diesbezügliche Einschätzung der Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine prognostische Einschätzung des Heilungsverlaufs vorgenommen wird. Weder aus Art. 11 Abs. 2 BPV (insbesondere lit. c), noch im konkreten Fall unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers lässt sich eine Pflicht ableiten, vor Erlass der Kündigung einen aktuellen Bericht des ärztlichen Dienstes einzuholen (E. 7.4.).

iusNet AR-SVR 22.03.2018