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Kurzarbeitsentschädigung im Zusammenhang mit dem Coronavirus

Kurzarbeitsentschädigung im Zusammenhang mit dem Coronavirus

Kommentierung
Arbeitslosenversicherung

Kurzarbeitsentschädigung im Zusammenhang mit dem Coronavirus

Ein Zwischenbericht

Gesetzliche Grundlagen

Am 17. März 2020 trat die Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19)1 in Kraft2. Sie wurde bisher schon siebenmal geändert (Inkraftsetzung am 26. März 2020, 9. April 2020, 1. Juni 2020, 1. September 2020, 8. Oktober 2020, 1. Januar 2021 und 21. Januar 2021). Eine nächste Änderung erfolgt per 1. April 2021 (Zusammenfassung der Anpassungen siehe weiter unten).

Neben weiteren geänderten Bestimmungen rund um die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG)3 wurden insbesondere das Verfahren und die Abrechnung der KAE vereinfacht. Seit dem 9. April 2020 ist Art. 8i Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung in Kraft, aktuell in der Fassung vom 20. Januar 2021. Art. 8i Abs. 1 sieht für den sog. anrechenbaren Verdienstausfall ein summarisches Verfahren und für die Ausrichtung der KAE einer Pauschale vor4. Per 1. April 2021 werden diese Massnahmen vom Bundesrat erneut verlängert, gegenwärtig bis zum 30. Juni 20215.

Weiterhin in Kraft6 ist Art. 8j Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, wonach unter gewissen Voraussetzungen KAE für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner beantragt werden kann, wenn diese für die Ausbildung von Lernenden im Betrieb der Kurzarbeit zuständig sind.

Am 28. Oktober 2020 änderte der Bundesrat Art. 8f der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung. In Abweichung der normalerweise geltenden Bestimmungen im AVIG haben Mitarbeitende auf Abruf, deren Beschäftigungsgrad Schwankungen von mehr als 20% unterliegt, ebenfalls Anspruch auf KAE. Dieser Anspruch gilt bis zum 30. Juni 20217.

Art. 4 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung8 sieht ausnahmsweise einen Anspruch auf KAE für Personen vor, die ein befristetes Arbeitsverhältnis haben sowie für Lernende.

Der Bundesrat verlängerte am 19. März 2021 neben dem summarischen Verfahren für die Abrechnung der KAE auch das vereinfachte Verfahren für die Voranmeldung von Kurzarbeit sowie die Aufhebung der Karenzzeit bis zum 30. Juni 20219. Die Aufhebung der Karenzzeit (Selbstbehalt von maximal 3 Tagen) bezweckt eine finanzielle Entlastung der Arbeitgebenden10. Die entsprechenden Änderungen der Verordnung treten am 1. April 2021 in Kraft11.

Wie erwähnt gilt als Grundlage der Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Abweichungen vom AVIG) Art. 17 Covid-19-Gesetz12. Am 18. Dezember 2020 wurde Art. 17a in das Covid-19-Gesetz aufgenommen (Bemessung der KAE bei tiefen Einkommen). In Abweichung des AVIG beträgt u.a. die KAE bei einem monatlichen Einkommen für ein Vollzeitpensum von bis zu Fr. 3‘470.00 100% des anrechenbaren Verdienstausfall. Art. 17a Covid-19-Gesetz gilt rückwirkend seit dem 1. Dezember 2020 befristet bis zum 30. Juni 2021.

Am 20. März 2021 traten die Art. 17b und 17d Covid-19-Gesetz in Kraft. Art. 17b (Voranmeldung, Dauer und rückwirkende Gewährung von Kurzarbeit) sieht vor, dass u.a. zurzeit keine Voranmeldefrist für Kurzarbeit eingehalten werden muss13. Art. 17d (Gewährung von Vorschüssen)  sieht Vorschüsse nach einem vereinfachten Verfahren vor, wenn ein Covid-19-Hilfsgesuch (u.a. KAE) nicht innert 30 Tagen bearbeitet werden kann14.

Auswirkungen und Aussichten

Das Verfahren rund um die KAE ist kompliziert geblieben und die Belastungen auf Seiten von Unternehmer/innen und Arbeitslosenkassen dauern an. Die inzwischen mehrmals angepassten gesetzlichen Grundlagen haben zur Vereinfachung nicht gerade beigetragen, auch wenn die Massnahmen grundsätzlich zu begrüssen sind.

Ein Ziel der Massnahmen des Bundesrats war von Anfang an, in der Corona-Zeit Kündigungen zu vermeiden sowie den Unternehmerinnen und Unternehmern mit der KAE zu ermöglichen, ihre Betriebe finanziell über Wasser zu halten.

Die Anzahl der von Kurzarbeit betroffenen Betriebe und Arbeitnehmenden zeigen zum Teil enorme Veränderungen: Im April 2019 meldeten schweizweit 70 Betriebe Kurzarbeit an, während im April 2020 in der ganzen Schweiz 131’069 Unternehmen einen Antrag auf KAE stellten. Von KAE betroffen waren im April 2019 nur 875 Arbeitnehmende. Im April 2020 betraf es dann 1'077'041 Personen. Die neusten Erhebungen des SECO15 gehen Ende Dezember 2020 von 34‘667 Betrieben in der ganzen Schweiz aus und von 293‘678 Arbeitnehmenden. Die Anzahl der arbeitslosen Personen und der Stellensuchenden sowie die Arbeitslosenquoten stiegen im Vergleich zu den Werten vor einem Jahr ebenfalls an (Februar 2021: Arbeitslosenquote schweizweit 3.6%, Februar 2020: 2.5%16).

Wie geht es nun weiter? Gemäss der neusten Konjunkturprognose SECO bleibt die Unsicherheit aussergewöhnlich gross. Es könnte zu einem massiven Stellenabbau und vielen Unternehmensinsolvenzen kommen. „Die Corona-Lage könnte sich (..) aber auch günstiger entwickeln als erwartet, insbesondere aufgrund rascher Fortschritte bei den Impfprogrammen“17

Zurzeit liegen keine Erhebungen vor, welche den Zusammenhang zwischen KAE und Kündigungen (auch Massenentlassungen) schweizweit aufzeigen. Werden die Massnahmen rund um die KAE wieder zurückgefahren, ist nicht ausgeschlossen, dass vermehrt Kündigungen ausgesprochen werden müssen. Vor allem in gewissen Branchen, die nicht sofort wieder mit Kunden und Aufträgen rechnen können oder die schon vor der Pandemie finanzielle Schwierigkeiten hatten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird. Allenfalls kann mit einem langsamen Abbau der KAE-Massnahmen (analog dem stufenweisen Aufbau) eine Abfederung allzu drastischer Auswirkungen erreicht werden. 

iusNet AR-SVR 28.03.2021