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Klage des Arbeitgebers auf Durchsetzung eines Konkurrenzverbotes

Klage des Arbeitgebers auf Durchsetzung eines Konkurrenzverbotes

(Quelle: Adrian von Kaenel, § 11 Klage des Arbeitgebers auf Durchsetzung eines Konkurrenzverbotes, in: Willi Fischer/Fabiana Theus Simoni/Dieter Gessler, Kommentierte Musterklagen zum Vertrags- und zum Haftpflichtrecht, Zürich/Basel/Genf 2016)

I. Vorbemerkungen

1. Ausgangslage

A war seit 2010 bei der Personalverleihunternehmung X AG tätig. Sein Arbeitsvertrag enthielt ein Konkurrenzverbot, welches ihm während zwei Jahren ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine konkurrierende Tätigkeit im Umkreis von 150 km um seinen Hauptarbeitsplatz in Lyss verbietet. Der Vertrag enthielt sodann eine Konventionalstrafenabrede und die Vereinbarung der Realvollstreckung für den Fall, dass das Konkurrenzverbot verletzt wird. 

A kündigte am 27. Januar 2015 das Arbeitsverhältnis auf den 31. März 2015, gründete am 29. März 2015 eine konkurrierende Firma K AG mit Sitz in Bern, schaltete Inserate zur Werbung neuer Kunden für sein Personalverleihunternehmen und schrieb Kunden der X AG an.

C, Geschäftsführer der X AG, sucht Sie auf und verlangt, A müsse sofort das Handwerk gelegt und mit Eintreibung der Konventionalstrafe der Geldhahn abgestellt werden (die Ausgangslage ist an BGer 4P.167/1995 vom 27.10.1995 = JAR 1997 S. 223 angelehnt).

2. Realvollstreckung eines arbeitsrechtlichen Konkurrenzverbotes

Anders als im allgemeinen Vertragsrecht (Art. 98 Abs. 3 OR) kann der Gläubiger bei einem nachvertraglichen, arbeitsrechtlichen Konkurrenzverbot seinen Unterlassungsanspruch nicht bereits aufgrund der vertraglichen Pflicht zur Konkurrenzenthaltung vollstrecken lassen, sondern wird die Realerfüllung in Art. 340b Abs. 3 OR von einer zusätzlichen formellen und materiellen Voraussetzung abhängig gemacht: Die Beseitigung des vertragswidrigen Zustands muss schriftlich verabredet sein und es müssen die verletzten oder bedrohten Interessen des Arbeitgebers und das Verhalten des Arbeitnehmers die Realvollstreckung rechtfertigen. Die Voraussetzung des Arbeitgeberinteresses und des Arbeitnehmerverhaltens müssen beide erfüllt sein, wobei sie zueinander in dynamischer Abhängigkeit stehen. Angesichts des scharfen Eingriffs in die wirtschaftliche Freiheit des Arbeitnehmers muss die vorzunehmende Interessenabwägung ein eindeutiges Resultat ergeben (BGE 131 III 473 = Pra 2006 Nr. 32 E. 3.2). Kann der Schaden durch Zusprechung der Konventionalstrafe oder durch Schadenersatz wieder gutgemacht werden, so ist die Realexekution in der Regel ausgeschlossen.

Angesichts der oft jahrelangen Dauer von Konkurrenzverbotsprozessen nützt die Realvollstreckung dem Kläger nur etwas, wenn sie als vorsorgliche Massnahme vor dem Prozess oder am Anfang des Prozesses verfügt wird. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Gericht die vorsorglichen Massnahmen sofort als sog. superprovisorische Verfügung, also ohne Anhörung des Arbeitnehmers, anordnen (vgl. Art. 265 ZPO). Das Gericht kann die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen und die gesuchstellende Partei haftet für den aus einer ungerechtfertigten vorsorglichen Massnahme erwachsenden Schaden (Art. 264 ZPO).

Im vorsorglichen Massnahmeverfahren sind Bestand und Verletzung des Konkurrenzverbotes und der Anspruch auf Realvollstreckung (sog. Hauptsachenprognose) und der nicht leicht wieder gutzumachende Nachteil (sog. Nachteilsprognose, vgl. Art. 261 Abs. 1 ZPO) glaubhaft zu machen. Für eine superprovisorische Anordnung ist zusätzlich die besondere Dringlichkeit glaubhaft zu machen.

Der Arbeitnehmer, der die Einreichung eines Gesuches um Erlass einer superprovisorischen Massnahme befürchtet, kann sich mit einer sog. Schutzschrift vorsorglich zur Wehr setzen (Art. 270 ZPO). Dabei ist zu beachten, dass die Schutzschrift an allen in Frage kommenden Gerichtsständen eingereicht wird. Die Schutzschrift verliert nach sechs Monaten ihre Wirkung und wird dem Arbeitgeber erst zugestellt, wenn er das befürchtete Gesuch tatsächlich einreicht (Art. 270 Abs. 2 und 3 ZPO).

Hinweis: Die vorsorgliche Massnahme zur sofortigen, vorläufigen Durchsetzung des Konkurrenzverbotes während des Prozesses wurde im vorliegenden Beispiel bereits vor dem ordentlichen Prozess angeordnet (vgl. Musterklage § 12). Wäre das nicht der Fall, müsste die vorliegende Klageschrift um einen Antrag auf Anordnung der Konkurrenzenthaltung als vorsorgliche Massnahme ergänzt werden.

3. Konventionalstrafe

Das Konkurrenzverbot wird üblicherweise mittels einer besonderen Abrede durch eine Konventionalstrafe abgesichert, um dem Arbeitgeber die schwierig zu erbringenden Nachweise des Schadens und der adäquaten Kausalität zu ersparen. Ist nichts anderes vereinbart, wird der Arbeitnehmer durch die Erlegung der Konventionalstrafe vom Konkurrenzverbot befreit, bleibt aber für weiteren Schaden ersatzpflichtig (Art. 340b Abs. 2 OR). Auch auf die Konventionalstrafe, die ein arbeitsvertragliches Konkurrenzverbot absichert, finden die allgemeinen Regeln der Art. 160–163 OR Anwendung.

4. Zu beachtende Fristen und Kosten

Will der Arbeitgeber eine vorsorgliche Massnahme auf dem superprovisorischen Weg erwirken, so hat er unverzüglich zu handeln, andernfalls er selbst demonstriert, dass keine besondere Dringlichkeit vorliegt. Wartet er nach Kenntnis der relevanten Umstände mehr als zwei Wochen zu, ist die Anordnung einer superprovisorischen Massnahme bei vielen Gerichten bereits in Frage gestellt. Auch ohne Antrag auf superprovisorische Anordnung empfiehlt es sich, mit dem Gesuch um vorsorgliche Massnahmen nicht lange zuzuwarten, da der zeitliche Aspekt auch in die Beurteilung des Gerichts einfliessen kann, ob ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 261 Abs. 1 lit. b ZPO vorliegt. Die Einforderung einer Konventionalstrafe oder von Schadenersatz ist dagegen zeitlich nur durch die zehnjährige Verjährungsfrist begrenzt.

Der Streitwert eines Gesuchs um Realvollstreckung kann auch im vorsorglichen Massnahmeverfahren sehr erheblich sein. Einigen sich die Parteien nicht über den Streitwert, wird das Gericht in der Regel auf das wirtschaftliche Interesse an der Konkurrenzenthaltung abstellen. Der Arbeitgeber wird dabei nicht nur einen Kostenvorschuss für die Gerichtskosten, sondern in der Regel auch Sicherheit für einen zu befürchtenden Schaden des Arbeitnehmers zu leisten haben (Art. 264 Abs. 1 ZPO). Der Arbeitnehmer kann umgekehrt eine angemessene Sicherheit leisten, worauf das Gericht von vorsorglichen Massnahmen absehen kann (Art. 261 Abs. 2 ZPO). Die Einforderung einer Konventionalstrafe ist insoweit mit erhöhten Prozesskostenrisiken für den Arbeitgeber verbunden, als der Richter eine übermässig hohe Konventionalstrafe nach seinem Ermessen herabzusetzen hat (Art. 163 Abs. 3 OR). Dass Konventionalstrafen zugesprochen werden, die ein halbes Jahresgehalt des Arbeitnehmers übersteigen, ist eher selten.

II. Klageschrift

Musterklageschrift zum Download

III. Ergänzende Hinweise

1. Voraussetzungen für die Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes

Für die Gültigkeit eines arbeitsvertraglichen Konkurrenzverbots müssen zehn Voraussetzungen erfüllt sein, wobei die ersten sieben soweit ernsthaft in Frage stehend vom Arbeitgeber zu beweisen sind:

  • Handlungsfähigkeit des Arbeitnehmers (Art. 340 Abs. 1 OR)
  • Kein Lehrverhältnis (Art. 344a Abs. 4 OR)
  • Schriftform der Verpflichtungserklärung des Arbeitnehmers (Art. 340 Abs. 1 OR)
  • Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse (Art. 340 Abs. 2 OR)
  • Erhebliche Schädigungsmöglichkeit (Art. 340 Abs. 2 OR)
  • Kausalzusammenhang zwischen Einblick in Kundenkreis bzw. Geheimnisse und der Schädigungsmöglichkeit (Art. 340 Abs. 2 OR)
  • Angemessene Begrenzung nach Ort, Zeit und Gegenstand (Art. 340a Abs. 1 OR)
  • Kein Dahinfallen infolge Fehlens eines erheblichen Arbeitgeberinteresses (Art. 340c Abs. 1 OR)
  • Kein Dahinfallen aufgrund der Kündigungsumstände (Art. 340c Abs. 2 OR)
  • Kein Dahinfallen durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht (zum Beispiel durch Saldoklausel oder die Floskel «verlässt und frei von jeder Verpflichtung» im Arbeitszeugnis)

Die Angemessenheit der Begrenzung nach Ort, Zeit und Gegenstand hängt entscheidend von der Reichweite des Arbeitgeberinteresses und den Einblicksmöglichkeiten des Arbeitnehmers ab; der für die Innerschweiz zuständige Aussendienstmitarbeiter kann in aller Regel nicht mit einem Konkurrenzverbot auch für die übrige Schweiz belegt werden. Die Dauer von Konkurrenzverboten, die dem Kundenschutz dienen, darf nach der Gerichtspraxis i.d.R. ein bis anderthalb Jahre nicht übersteigen. Konkurrenzverbote, die dem Arbeitgeber Schutz vor Verwertung kommerziellen oder insbesondere technischen Know-hows bieten sollen, können hingegen länger dauern. Wird die angemessene Beschränkung des Konkurrenzverbotes überschritten, so wird das Gericht dessen örtliche, zeitliche oder sachliche Reichweite einschränken.

2. Wegfall des Konkurrenzverbots

Ein Konkurrenzverbot fällt nach Art. 340c OR in drei Fällen dahin: Erstens dann, wenn der Arbeitgeber nachweisbar kein erhebliches Interesse mehr hat, es aufrecht zu erhalten. Dies wird zum Beispiel dann der Fall sein, wenn er den entsprechenden Geschäftszweig definitiv aufgibt. Zweitens fällt das Konkurrenzverbot dahin, wenn der Arbeitgeber kündigt, ohne dass ihm der Arbeitnehmer dazu begründeten Anlass gegeben hat. Umgekehrt fällt das Konkurrenzverbot drittens dahin, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem begründeten, vom Arbeitgeber zu verantwortenden Anlass auflöst (vgl. zu den Anforderungen an den begründeten Anlass BGE 130 III 353 E. 2.2).

iusNet AR-SVR 30.10.2017

Klage des Arbeitgebers auf Durchsetzung eines Konkurrenzverbotes

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(Quelle: Adrian von Kaenel, § 11 Klage des Arbeitgebers auf Durchsetzung eines Konkurrenzverbotes, in: Willi Fischer/Fabiana Theus Simoni/Dieter Gessler, Kommentierte Musterklagen zum Vertrags- und zum Haftpflichtrecht, Zürich/Basel/Genf 2016)

I. Vorbemerkungen

1. Ausgangslage

A war seit 2010 bei der Personalverleihunternehmung X AG tätig. Sein Arbeitsvertrag enthielt ein Konkurrenzverbot, welches ihm während zwei Jahren ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine konkurrierende Tätigkeit im Umkreis von 150 km um seinen Hauptarbeitsplatz in Lyss verbietet. Der Vertrag enthielt sodann eine Konventionalstrafenabrede und die Vereinbarung der Realvollstreckung für den Fall, dass das Konkurrenzverbot verletzt wird. 

A kündigte am 27. Januar 2015 das Arbeitsverhältnis auf den 31. März 2015, gründete am 29. März 2015 eine konkurrierende Firma K AG mit Sitz in Bern, schaltete Inserate zur Werbung neuer Kunden für sein Personalverleihunternehmen und schrieb Kunden der X AG an.

C, Geschäftsführer der X AG, sucht Sie auf und verlangt, A müsse sofort das Handwerk gelegt und mit Eintreibung der Konventionalstrafe der Geldhahn abgestellt werden (die Ausgangslage ist an BGer 4P.167/1995 vom 27.10.1995 = JAR 1997 S. 223 angelehnt).

iusNet AR-SVR 30.10.2017

 

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