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Konkurrenzverbot bei Kündigung des Arbeitnehmers (4A_468/2017)

Konkurrenzverbot bei Kündigung des Arbeitnehmers (4A_468/2017)

Jurisprudence
Privates Individualarbeitsrecht

Konkurrenzverbot bei Kündigung des Arbeitnehmers (4A_468/2017)

Der Beklagte war für die Beschwerdeführerin als «Country Manager für Märkte Schweiz und Austria» tätig. Die Parteien hatten ein Konkurrenzverbot abgeschlossen, welches einerseits ein Verbot von konkurrenzierender Tätigkeit während der Anstellung enthielt. Andererseits wurde aber auch festgelegt, dass während zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses jegliche konkurrenzierende Tätigkeit zu unterlassen ist. Es wurde eine Konventionalstrafe in der Höhe des zuletzt bezogenen Jahresgehalts vereinbart.

Der Beklagte kündigte die Stelle, weil die Beschwerdeführerin ihm abrupt die Zuständigkeit für den österreichischen Markt entzogen hatte und ihn im Rahmen einer wichtigen Ausstellung im Ausland nur noch an ein «Kick off Meeting» und nicht an das «Country-Manager-Meeting» eingeladen hatte. Zudem erhielt der Beklagte von seinem Vorgesetzten Ende Mai eine E-Mail, wonach ab Anfangs Juni ein neuer Verkäufer für die Region Österreich zuständig sei (E. 2.2, E. 2.3.3).

Das Bundesgericht verweist auf seine bisherige Praxis zu Art. 340c Abs. 2 OR, der festhält, dass ein gültig vereinbartes Konkurrenzverbot dahinfällt, wenn die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer kündigt, ohne dass dieser dazu einen begründeten Anlass gegeben hat oder der Arbeitnehmer seinerseits kündigt, weil die Arbeitgeberin einen begründeten Anlass dafür geschaffen hat. Darunter fällt jedes Ereignis, das der anderen Partei zuzurechnen ist, das bei «vernünftiger Betrachtung einen erheblichen Anlass zur Kündigung geben kann». Es muss sich nicht zwingend um eine Vertragsverletzung handeln (BGer 4A_22/2014 vom 23. April 2014 E. 4.3.1; 4A_8/2013 vom 2. Mai 2013, E. 6.1, nicht publ. in: BGE 139 III 214). Typische Beispiele hierfür sind eine marktunübliche Entlöhnung, chronische Überarbeitung, gegen die die Arbeitgeberin trotz Abmahnung nichts unternimmt, ständige Vorwürfe oder ein schlechtes Betriebsklima. Auch eine intensive Einschränkung des Tätigkeitsbereichs ist ein solcher, begründeter Anlass (E. 2.2).

Das Bundesgericht erachtet die Vorgehensweise der Arbeitgeberin als begründeten Anlass für die Kündigung durch den Arbeitnehmer, weshalb auch das Konkurrenzverbot dahinfällt (2.3.3). Einerseits liegt durch die starke Reduktion des Tätigkeitsgebiets auf die Schweiz eine «negativ zu wertende Herabsetzung» vor, die zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer führen kann. Andererseits liegt der begründete Anlass auch in der abrupten Einführung ohne Absprache mit dem Betroffenen innert weniger Tage ab der Informationsmail. Ob die Gebietseinschränkung mit einer finanziellen Einbusse einherging oder nicht, ist irrelevant. Ebenso wenig von Bedeutung ist, ob die Veränderung des Aufgabengebiets auf dem Weg der Weisung oder demjenigen der Änderungskündigung eingeführt wird (E. 2.3.2). Auch wenn, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, die Anpassung des Aufgabenportfolios zur Entlastung und der Entgegnung der Überforderung des Arbeitnehmers eingeführt wurde, ist gemäss Bundesgericht von einem begründeten Anlass für die Kündigung durch den langjährigen Arbeitnehmer auszugehen, weil die Arbeitgeberin diese abrupt und ohne Gespräche zur Lösungssuche einführte. Auch hatte es in Bezug auf die Überforderung im Vorfeld keinerlei Abmahnungen gegeben (E. 2.3.3, E. 2.4).  

Strittig war ebenfalls die Auszahlung eines von der Vorinstanz aus Sicht des Bundesgerichts korrekt als unbedingten variablen Lohn (Art. 322a OR), und nicht als Gratifikation (Art. 322d OR) qualifizierten Bonus. Die Beschwerdeführerin stützte sich auf eine Bonusvereinbarung im Arbeitsvertrag, wonach der Arbeitnehmer einen umsatzabhängigen Bonus sowohl für den schweizerischen als auch den österreichischen Markt erhält. Das Bundesgericht stellte gestützt auf das Vertrauensprinzip fest, dass die Auszahlung im vorliegenden Fall nicht von der zusätzlichen Bedingung der «befriedigenden Jahreszahlen» oder zufriedenstellenden Leistungen und ungekündigtem Arbeitsverhältnis abhängig gemacht werden kann, weil die schriftliche Vereinbarung keinerlei Vorbehalte oder Bedingungen enthält. Es ist lediglich die Berechnungsgrundlage festgelegt bzw. angepasst worden (3% des Umsatzes in Österreich, 10% des Gewinns in der Schweiz), gestützt auf die der Bonus eindeutig bestimmbar ist (z.B. BGE 141 II 407, E. 4; BGE 142 III 381 E. 2.1) (E. 3.1) und worauf auch während vier Jahren Bonuszahlungen erfolgten (E. 3.2, E. 3.3.1, E. 3.5).

Die prozessuale Rüge, wonach der Vorgesetzte und ein weiterer Mitarbeiter fälschlicherweise als Organe der Gesellschaft i.S. des bundesrechtlichen Organbegriffs (Art. 159 ZPO) eingestuft und diese deshalb nicht als Zeugen befragt wurden, waren aus Sicht des Bundesgerichts unerheblich, zumal festgestellt wurde, dass die antizipierte Beweiswürdigung ohnehin zulässig war (E. 3.4).

iusNet AR-SVR 15.04.2018